Emigration/Exil Palästina

 

Abrahamsohn, Daisy & Günther

 

Daisy 1921- 2013     Günther 1926-2016

 

Heilbronner Str. 21

 

Private jüdische Kaliski-Waldschule, Dahlem

 

Der Vater Dr. Wilhelm Abrahamsohn, Rechtsanwalt und Notar mit eigener Kanzlei,

nimmt sich 1932 das Leben. Katharina Abrahamsohn bereitet nach dem Suizid ihres Mannes die Ausreise der Kinder Daisy und Günther vor. Daisy emigriert nach der Teilnahme an Hachschara-Lagern im November 1938 nach Palästina. Günther verlässt Berlin 1939 mit einem Kindertransport nach Großbritannien. Katharina Abrahamsohn wird 1942 in das KZ Riga deportiert. Erst 1952 gibt es ein erstes Wiedersehen der Geschwister nach 14 Jahren. 

 

Aron, Adi

(geb. 1927)

 

Motzstr. 56 (heute: Nr. 61)

 

Luise-Zickel-Schule (jüdische Privatschule)

 

Malerin

 

Schülerin der „Zickelschule“. Der Vater verlor als Zahnarzt 1933 die Kassenzulassung.

Die Familie erreichte das Emigrationsziel Shanghai nicht. Sie überlebten die Verfolgung untergetaucht in Italien.

1945 Emigration nach Palästina.

 

 

Asch, Familie & Eppenstein, Karl

 

Kaiserkorso 153

 

 

Vater Jacob Asch (1870-1942) und Mutter Gertrud (1875-1942) haben ein Textilunternehmen in Kreuzberg mit ca. 50 Angestellten. 1938 Enteignung, 1942 Deportation und Ermordung. Tochter Wally (1906-1979) heiratet 1926 Karl Eppenstein (geb. 1902), 1931 Gründer einer Privatsynagoge in der Mussehlstr. 22, die 1938 zerstört wird. 1939 gemeinsame Auswanderung nach Palästina, Mitbegründer des dortigen Vereins ehemaliger Berliner in Israel.

 

Gedenktafel (1989) für die zerstörte Privatsynagoge, Mussehlstr. 22

 

 

Baer, Karl M. (vormals: Martha Baer)

 

(1885 - 1956)

 

Kleiststr. 111

 

Frauenrechtlerin, Direktor der Berliner Logen, Zionist

 

Als Mädchen erzogen, erhielt er in Hamburg eine Ausbildung zur Volkspflegerin.

Als Delegierte der Logen kämpfte er in Osteuropa gegen den Mädchenhandel.

Nach dem Wechsel seiner Geschlechtsidentität 1906 musste er sich beruflich neu behaupten.

Er veröffentlichte 1907 unter dem Pseudonym „N.0. Body“ seine Erfahrungen der geschlechterrollenbedingten Benachteiligung in „Aus eines Mannes Mädchenjahren“ (Neuauflage 1993).

Direktor der Berliner Logen 1920 - 1938.

Einwanderung nach Palästina 1938 mit seiner zweiten Frau Elza.

Ball, Fritz & Ball-Kaduri, Kurt Jacob

 

(1893 - 1968)     (1891 - 1976)

 

Viktoria-Luise-Platz 1 (Anwaltskanzlei)

 

Rechtsanwälte

 

 

1933 Verhaftung der beiden Brüder in ihrer Kanzlei (detaillierte Beschreibung  des Verhörs im “wilden KZ“ Papestraße), für beide 1933 Entzug der Rechtsanwaltszulassung, Hinwendung zum Zionismus (Kurt). 1938 Deportation ins KZ Sachsenhausen, Freilassung und Emigration in die USA (Fritz) bzw. nach Palästina (Kurt),

Mitinitiator der Gedenkstätte Yad Vashem.

 

Cederbaum, Moshe

(1910 - 1995)

 

Gossowstr. 11 

 

Lessing-Hochschule, Arbeiterbildungsschule

 

Engagierter Sozialdemokrat, auch in der Liga für Menschenrechte, 1933 ins Exil nach Frankreich, 1933/34 Mitarbeiter bei Radio Luxemburg (Anti-Hitler-Sendungen). 1934 Zertifikat für Palästina. Sanitäter in der Hagana (jüdische Untergrundarmee).

Feder, Rolf

(1921 - 2000)

 

Hewaldstr. 8

 

Werner-Siemens-Realgymnasium (heute: Georg-von-Giesche-Schule)
Luise-Zickel-Schule (jüdische Privatschule)

 

Der Vater ist Großhandelsgeschäftsinhaber und Teilnehmer am Ersten Weltkrieg.1933 geht die Familie nach Palästina ins Exil. Nach anfänglichen Schwierigkeiten der Eingewöhnung, Aufbau eines Reiseunternehmens. 1974 kommt Rolf Feder als Vertreter des israelischen Reiseverbandes erstmals wieder nach Deutschland.

Freudenfels, Familie

Hilbertstr.1

Handel

Henriette Freudenfels, geb. Silbermann (1883-Jan.1938), Richard Freudenfels (1879-1941), Textilwarenhandel in Marienfelde u. Lichtenrade. Soldat im Ersten  Weltkrieg, bekam “Eisernes Kreuz” verliehen, Mitglied der Herder-Loge.

Tochter Charlotte (geb. 1910), Emigration 1933 nach Palästina, 1954 in die USA. Sohn Herbert (1913-1976), Emigration 1934 nach Palästina, 1954 in die USA.

Heirat Richard Freudenfels mit Dorothea Silbermann (1882-1941), Schwester v. Henriette, im Okt.1938; vergebliche Bemühungen, die Einreisebedingungen versch. Exilländer zu erfüllen. 27.11.1941 Deportation nach Riga, wo sie am 30.11.41 ermordet wurden.

 

Stolperstein: Hilbertstr.1-2, Berlin-Lichtenrade

Popper, Stephanie

(geb. 1924)

 

Nymphenburger Str. 3

 

Luise-Zickel-Schule (jüdische Privatschule)

Von den Eltern, die in Schlesien eine Essig- und Senffabrik besaßen, nach Berlin geschickt, besuchte sie die „Zickel-Schule“. Sie erlebte die Pogromnacht 1938 in Berlin. Ihr Bruder Max konnte vorher noch nach Palästina auswandern. 1939 floh sie mit den Eltern nach Santo Domingo, später emigrierte sie in die USA.

Pinner, Ernst

(1889 - 1947)

 

Paetschstr. 28

 

Rechtsanwalt und Notar

 

1920 Heirat, zweite Ehe 1936, zwei Söhne, eine Tochter. Umfangreiche Korrespondenz mit seiner seit 1933 in Palästina lebenden Schwester, 1939 Emigration der Familie nach Palästina. In einer landwirtschaftlichen Genossenschaftssiedlung (Kibbuz) findet die Familie eine neue Lebensgrundlage.

Proskauer, Erna (geb. Aronsohn)

(1903 - 2001)

 

Kaiserallee 26 (heute: Bundesallee)

 

Juristin

 

1920 zieht Erna Aronsohn mit ihrer Familie aus Bromberg nach Berlin. Abitur 1922, Jura-Studium, Richterin (Assessorin); heiratet 1930 den Rechtsanwalt Max Proskauer. 1933 aus dem Dienst entlassen, Emigration über Frankreich nach Palästina, wo sie eine Wäscherei betreibt.

 

1953 Rückkehr nach Berlin. Niederlassung als Anwältin (später auch Notarin), übernimmt 1968 nach dem Tod ihres (geschiedenen) Mannes dessen Praxis.

Scheftelowitz, Elchanan (vormals: Erwin)

(1911 - 2000)

 

Kleiststr. 5

 

Jurist, Rabbiner

 

1934 bis 1937 amtierender Rabbiner der Synagoge Münchener Straße. 1937 Emigration nach Palästina, bis 1982 in Haifa tätig als Rechtsanwalt und Notar, u. a. auch In Entschädigungs- und Wiedergutmachungsfällen. Traute in Israel mehrere ehemalige Mitglieder seiner Berliner Synagogengemeinde.

Sello, Ruth

(1911 - 1999)

 

Münchener Str. 37

 

Buchhalterin, Finanzwesen

 

War außer ihrer Tätigkeit als Buchhalterin auch als Korrespondentin und Sprachlehrerin tätig. Exil 1933 in die Türkei; sie war eine der wenigen, die wegen der rassistischen Verfolgung und nicht aus politischen Gründen in die Türkei ging. 1943 Verbannung ans Schwarze Meer, kurz darauf Auswanderung nach Palästina. 1967 Rückkehr nach Berlin.

Sommerfeldt, Shmuel (vormals: Sommerfeld, Herbert Samuel)

(geb. 1905)

 

Apostel-Paulus-Str. 28

 

Werner-Siemens-Realgymnasium (heute: Georg-von-Giesche Oberschule)

 

Einziger Überlebender seiner Familie. Emigrierte 1933 gegen den Willen der Eltern mit Alija nach Palästina. Brach die in den 1980er Jahren begonnen Briefkontakte zum Projekt 1991 ab, da sein „Glaube an ein besseres Deutschland“ durch deutsche Giftgaslieferungen im Golfkrieg  zerstört worden war. Durch Besuch in Israel wieder Kontaktaufnahme und 1999 erster und letzter Besuch mit 94 Jahren in Berlin.

Stern, Hellmut

(geb. 1928)

 

Grunewaldstr. 25, Laubacher Str. 16

 

Musiker

 

Hellmut Stern verbachte seine Kindheit in Friedenau. 1937 wurde ihm als begabtestes Kind der 4. Jüdischen Volksschule in der Prinzregentenstraße seine erste Geige geschenkt.

Kurz vor der Pogromnacht erhielt die Familie Pässe und Visa. Ende November verließen sie Berlin und erreichten Shanghai Ende Dezember 1938. Von dort ging es mit der Transsibirischen Eisenbahn weiter bis nach Harbin, wo sie im Winter 1939 ankamen. Der Vater erteilte Gesangsunterricht, die Mutter bekam mit viel Mühe ein Engagement zur Begleitung von Bühnen- und Filmdarbietungen. Hellmut Stern hatte das Glück, dass die Stadt in den 1920er Jahren ein reiches kulturelles Leben entwickelt hatte, insbesondere durch die nach der Oktoberrevolution aus Russland geflüchteten Künstler. 1942, mit vierzehn Jahren, gab Hellmut Stern sein erstes öffentliches Konzert und 1945 wurde er in das Symphonieorchester der Stadt aufgenommen.

1949 durften die Sterns nach elf Jahren im chinesischen Exil nach Israel einwandern. Für Hellmut Stern begann bald sein Weg als Geiger in herausragenden Orchestern. 1951 trat er in das Israel Philharmonic Orchestra ein, bei der ersten Europa Tournee des Orchesters 1955 unternahm er eine private Reise nach Berlin und im Mai 1961 bewarb er sich beim Berliner Philharmonischen Orchester bei den Ersten Geigen. Nur wenige Tage nach dem Bau der Mauer trat er den Dienst im Orchester an. Bald darauf lernte Hellmut Stern seine Frau kennen, die er 1962 heiratete, zwei Kinder kamen zur Welt. Von 1984 bis 1987 gehörte er dem Fünferrat des Orchesters an. Nach Karajans Tod 1989 wählte das Orchester Claudio Abbado zu seinem neuen Chefdirigenten. Von 1990 bis 1992 konnte Hellmut Stern die schon lange von ihm erhoffte Reise des Orchesters nach Israel organisieren, Daniel Barenboim begleitete das Orchester dabei als Dirigent. Mit dem Eintritt in den Ruhestand 1994 hatte er mehr Zeit, um sich einer anderen Begabung, dem Erzählen, zu widmen. Hellmut Stern schrieb ein Buch über sein Leben, und wurde, wie er selbst sagt, Berufszeitzeuge, berichtet in Schulen aus seinem Leben.

 

Seit 1994 pensioniert und als Zeitzeuge aktiv.